Ich bin im bayrischen Hinterland aufgewachsen. Nach außen lebte ich den Traum vieler Mädchen: Reithof, eigene Pferde, ein Trainer, Turniersiege. Wir hatten Geld, Status, ein scheinbar perfektes Leben. Ich musste mich um nichts kümmern – nicht mal um mich selbst.
Doch was im Außen glänzte, war innen leer.
Ich sehnte mich nach Nähe, Geborgenheit, nach einem echten „Ich sehe dich“. Doch meine Eltern konnten das nicht geben. Liebe wurde ersetzt durch Dinge, Aufmerksamkeit durch Regeln, Zuwendung durch Distanz. Ich lernte früh, dass Leistung zählt – aber nicht Gefühl.
Freundschaften? Gab es kaum. Ich hatte nicht gelernt, wie man sich auf Augenhöhe begegnet. Stattdessen spielte ich die Rolle, die man mir beigebracht hatte: überlegen, kühl, kontrolliert. Und tief in mir wuchs das Gefühl, falsch zu sein. Ich war immer die, die beim Volleyball als letzte gewählt wurde oder die als einzige nicht auf der Party des Jahres eingeladen wurde.
Als Jugendliche begann ich, im Außen zu suchen, was mir im Inneren fehlte.
Zuerst heimlich, dann immer verzweifelter: Alkohol, Drogen, One-Night-Stands. Ich wollte einfach nur gesehen werden. Geliebt werden. Irgendwo dazugehören. Zu jemandem gehören.
Doch das Gegenteil geschah. Auf dem Land wurde ich schnell zur Außenseiterin, abgestempelt, beschämt. Und je mehr ich abgelehnt wurde, desto stärker klammerte ich mich an jeden Hauch von Zuneigung – auch wenn er nur für eine Nacht hielt.
Ich war für viele „zu viel“. Für andere „nicht genug“. Und ich begann, das selbst zu glauben.
Mit Anfang 20 zog ich nach München. Ich wollte neu anfangen, mich beweisen, dazugehören. Ich stürzte mich in eine Beziehung mit einem Mann, der mir genau das spiegelte, was ich über mich selbst dachte: Du bist nicht liebenswert. Ich versuchte alles, um seine Anerkennung zu bekommen – passte mich an, verbog mich, lächelte, wenn ich hätte weinen müssen. Doch nichts reichte.
Nach zwei Jahren voller innerem Zerfall floh ich noch weiter – und arbeitete als Jugendanimateurin in Griechenland. Dort lernte ich Demut, Disziplin, das Dienen. Aber keine Verbindung. Ich blieb Außenseiterin, egal wie sehr ich mich bemühte, dazuzugehören.
Und das Leben? Stellte mir immer wieder dieselbe Aufgabe: Lerne, dich selbst zu lieben.
Nach meinem drei Jahren Aufenthalt im Ausland, entschied ich nach Deutschland zurückzukehren und startete meine Arbeit in einer Werbeagentur. Zu der Zeit trat mein erster Mann in mein Leben. Er kam in mein Leben wie eine große, schillernde Versprechung. Charmant, selbstbewusst, wortgewandt – ein Mann, der wusste, wie man eine Frau für sich gewinnt. Er sagte genau das, wonach ich mich so lange gesehnt hatte. Dass ich besonders sei. Dass er mich beschützen würde. Dass ich bei ihm endlich ankommen könnte.
Ich war müde vom Kämpfen, hungrig nach Nähe und Liebe – und ich wollte glauben, dass endlich jemand bleibt. Dass endlich jemand mich sieht. Nur wenige Wochen später zog ich zu ihm, wir heirateten, ich wurde mit dem ersten Kind schwanger.
Ich gab meinen Job auf und stieg in sein Unternehmen ein. Auf sein Drängen hin brach ich nach und nach den Kontakt zu meiner Familie und fast allen Freunden ab – wir beide gegen den Rest der Welt, du brauchst sonst niemanden – das war sein Mantra an mich.
Damals dachte ich, ich würde mein altes Leben loslassen, um etwas Neues aufzubauen. Heute weiß ich, ich hatte mich selbst aufgegeben. Damals habe ich nicht gemerkt, dass ich statt einem Zuhause ein Gefängnis gewählt habe.
Es begann unterschwellig und unscheinbar. Es waren keine lauten Schreie oder dramatischen Szenen, keine geballten Fäuste oder Türen, die knallten. Es war subtil. Langsam, beinahe unsichtbar. Zuerst kleine Bemerkungen über meine Kleidung oder mein Lachen. Ein spöttischer Unterton, der sich unter vermeintlich liebevolle Worte mischte. Eine Kritik, die wie ein Scherz daherkam.
Er entschied, was ich trug, was ich sagte, mit wem ich sprach.
Er entwertete meine Meinung, machte sich lustig über meine Träume, sprach mir meine Fähigkeiten ab.
„Du übertreibst.“
„Du bist zu empfindlich.“
„Du bist nichts ohne mich.“
Und wenn ich etwas sagte, wurde es schnell umgedreht – ich sei zu empfindlich, würde übertreiben, würde alles falsch verstehen, ich bin der Fehler. Wenn er seine Notizen vergaß und ich nicht zuhause war, war ich schuld, dass er einen Auftrag in den Sand setzte.
Er wusste genau, wie weit er gehen konnte, ohne dass es auffiel. Wie er meine Grenzen verschieben konnte, Stück für Stück, ohne dass ich es bemerkte. Was früher selbstverständlich war – meine Meinung, meine Freiheit, mein Wille – wurde immer kleiner. Ich lernte, ihm zu glauben, statt mir selbst zu vertrauen.
Immer häufiger hatte ich das Gefühl, dass ich falsch war. Nicht liebenswert genug. Nicht klug genug. Nicht stark genug.
Wenn ich Dinge anders sah, wurde ich mit tagelangem Schweigen bestraft. Wenn ich widersprach, entwertete er mich – als Mutter, als Frau, als Mensch. Es war, als würde ich in einem Haus wohnen, in dem die Fenster langsam zugemauert werden. Das Licht wurde schwächer, die Luft dünner, bis ich irgendwann vergaß, dass es überhaupt einmal hell war.
Irgendwann war ich still geworden. Angepasst. Unsichtbar. Mein Lächeln war nur noch Fassade. Ich lebte, ohne wirklich zu leben. Niemand in meinem Umfeld hat diese Fassade hinterfragt.
Meine beste Freundin, die Einzige, die noch regelmäßig kam, hatte monatelang eine Affäre mit meinem Mann.
Sie kam zu mir, trank meinen Kaffee, spielte Freundin, traf sich heimlich mit meinem Mann während ich auf ihr Kind aufpasste, weil sie „einen wichtigen Termin hatte“.
Ich war Gastgeberin für meinen eigenen Verrat. Ich habe ihr Tee gemacht, während sie mein Leben zerstörte.
Und das Schlimmste?
Ich wusste es. Ich spürte es die ganze Zeit.
Aber ich war zu schwach, um es wahrhaben zu wollen. Ich hatte Angst und lieber die Augen verschlossen, Blicke nicht gesehen, Gesten nicht gewertet.
Doch nun gab es kein Zurück – es ist vorbei, die Ehe ist gescheitert, ich bin gescheitert…
Die Wochen nach der Trennung waren schwer zu greifen. Ich bewegte mich durch die Tage wie eine Hülle – anwesend, aber innerlich nicht da. Ich funktionierte, wenn es sein musste, aber mein Inneres war leer. Die einfachsten Dinge – einkaufen, aufstehen, sprechen – wurden zu unüberwindbaren Hürden. Es fühlte sich an, als hätte jemand den Boden unter mir weggezogen, und ich fiel, ohne Halt, ohne Ende. Dank beruhigender Tabletten konnte ich die Tage einigermaßen überstehen.
Die Kinder waren mein einziger Anker. Sie brauchten mich, und so stand ich auf. Immer wieder. Nicht für mich – aber für sie. Doch ich wusste: Das konnte nicht alles gewesen sein. Es musste mehr geben als Überleben
Dann kam Silvester. Ich war mit den Kindern allein zu Hause. Keine Pläne, kein Besuch, kein Glitzer. Nur wir drei und dieses seltsame Schweigen, das über allem lag. Draußen war es eiskalt. Ich stand im Garten, die Kinder schliefen schon lange, starrte in den schwarzen Himmel, hörte in der Ferne erste Raketen zischen – und spürte nichts. Keine Hoffnung, keine Freude, nicht mal Wut. Nur Müdigkeit. Diese tiefe, erschöpfte, seelenmüde Stille, die sich in meinem Körper festgesetzt hatte.
Ich weiß nicht, wie lange ich da stand. Vielleicht zehn Minuten, vielleicht eine Stunde. Ich fror, aber ich ging nicht rein. Denn in dieser Kälte geschah etwas..
Ein Gedanke, der sagte:
Nicht so. Nicht mehr. Ich kann nicht mehr…
Plötzlich habe ich die Stimme meines Vaters im Ohr. Seit ich ein kleines Kind bin, hat er immer zu mir gesagt „Kira, du kannst alles schaffen, was du wirklich willst!“
Diese Stimme war so lange so leise doch in dieser Nacht schrie sie mich förmlich an. Das hat mich zum Umdenken gebracht. ICH BIN AB SOFORT KEIN OPFER MEHR!
Ich ging zurück ins Haus. Öffnete eine Flasche Sekt – nicht, um zu feiern, sondern um ein Versprechen an mich selbst auszusprechen. Ich setzte mich an den Wohnzimmertisch, nahm ein Blatt Papier und schrieb.
Nicht, was ich verloren hatte. Sondern, was ich zurückholen wollte.
Nicht, wer ich war. Sondern, wer ich wieder sein wollte.
Ich schrieb:
Und dann habe ich in dieser Nacht beschlossen: Ich hole mir mein Leben zurück!
Nach dieser Silvesternacht war nichts sofort anders – aber alles hatte sich verändert. Ich hatte eine Entscheidung getroffen. Und auch wenn ich noch nicht wusste, wie der Weg aussehen würde, wusste ich endlich, dass ich ihn gehen würde.
Die ersten Schritte waren hart. Ich war alleinerziehend, ohne finanziellen Rückhalt, ohne echtes Netz. Aber zum ersten Mal in meinem Leben übernahm ich Verantwortung – für mich. Ich hörte auf, im Außen zu suchen, und begann, mich selbst kennenzulernen. Ich stellte mir Fragen, die ich mir nie zuvor gestellt hatte:
Ich las Bücher, hörte Podcasts, ging in Therapie, machte Ausbildungen, lernte alles über Persönlichkeitsentwicklung, mentale Stärke, Familienpsychologie. Ich lernte, wie Gedanken unsere Realität prägen. Ich lernte, Grenzen zu setzen. Und ich lernte, mich selbst nicht länger zu verraten, um anderen zu gefallen.
Ich gründete mein erstes eigenes Business. Schritt für Schritt, neben den Kindern, oft nachts, oft müde, aber mit einem inneren Feuer, das nicht mehr zu löschen war. Ich wollte nicht nur überleben – ich wollte gestalten. Mein Leben, meine Zukunft, meine Wahrheit.
Ich lernte, dass Selbstliebe keine Floskel ist, sondern eine Entscheidung, die man jeden Tag neu trifft. Ich war nicht mehr bereit, mich kleiner zu machen, um in das Leben anderer zu passen.
Ich war nicht mehr die, die gefallen will.
Ich war die, die sich erinnert hat, wer sie ist.
Und plötzlich geschah das Unglaubliche:
Als ich aufhörte zu suchen, kam die Liebe zu mir.
Echte Liebe. Ehrliche Liebe. Keine Projektion, kein Spiel, kein Mangel – sondern ein Mensch, der mich sieht, so wie ich bin.
Meine Kinder und ich leben heute mit einem Mann an unserer Seite, der uns trägt, unterstützt, ehrlich ist und liebevoll. Kein Retter – sondern ein Partner. Jemand der mit mir das zweite Unternehmen aufbaut, der mich unterstützt, der mich und die beiden Kinder bedingungslos liebt und uns als echtes Team sieht. Und das seit über 10 Jahren… Danke Ralph!
Ich bin Mutter. Unternehmerin. Mentorin.
Ich bin verletzlich und stark.
Ich bin nicht perfekt – aber ich bin ganz.
Ich weiß, wie es sich anfühlt, sich verloren zu fühlen.
Ich weiß, wie tief die Sehnsucht sein kann, endlich gesehen zu werden.
Und ich weiß, dass man selbst der Mensch sein darf, der sich rettet.
Deshalb arbeite ich heute mit Jugendlichen, Eltern, Familien.
Weil ich zeigen will, dass es anders geht.
Weil ich glaube, dass emotionale Bildung in die Mitte unserer Gesellschaft gehört.
Weil niemand zu „schwierig“, „zu laut“ oder „zu verloren“ ist.
Auch meiner Kinder wissen, wer sie sind und haben gelernt, dass sie wunderbare Menschen sind, denen niemand eine Erlaubnis geben muss. Starke Mädchen die zu selbstbewussten, starken Frauen werden.
Danke an meine Freundin A. – ohne dich hätte ich den Absprung wohl nicht geschafft…
Ich bringe über zehn Jahre Erfahrung mit – als Coach, Ausbilderin und Speakerin. Ich spreche mit Klarheit, mit Herz und mit echtem Blick für die Menschen im Raum. Über 500 Vorträge, mehr als 300.000 Teilnehmende – und jedes Mal geht es um echte Verbindung statt bloße Theorie.